Neues Terrain
Meine Lieblingskunden, deren Herz für Lack schlägt, haben in den letzten Jahren einen neuen Werkstoff für sich entdeckt: Latex. Vielleicht kann man Latex in seiner Optik als die große Schwester des Lacks bezeichnen. Das war es dann aber auch mit Gemeinsamkeiten.
Während Lack ein Material ist, dass auf einem meist maschenwarigen Untergewebe aufcachiert ist, ist Latex genau das: reiner Gummi. Lack nähe ich, wie jedes andere Material auch. Latex wird verklebt.
Nun kam Ende Juli 2018 eine Whatsapp von Thorsten, ob ich wohl seine Lieblings-Lack-Jacke, die ich ihm vor 10 Jahren gefertigt hatte, auch in Latex fertigen könne. Ääähhh – ich nicht, bzw. ich nicht alleine. Ich hatte auch gleich eine Idee, wen ich da ansprechen konnte: Andrea von favor.
Andrea sagte sofort zu mir zu zeigen, wie ihre Kunst funktioniert und mir auch die „Grundjacke“ herzustellen. In meiner Hand lagen der Schnitt und alles was an Ausputz auf die Jacke kommen sollte.
Nach einigen Vorgesprächen – ich musste erst einmal lernen, wie man einen „Stoff-Schnitt“ zu einem „Latex-Schnitt“ umbauen kann – gelangten wir Anfang Oktober in die heiße Phase: Andrea hatte mich zu einem zweitägigen Workshop in ihr Atelier eingeladen.
Wir hatten eine Menge Spaß mit einander. Wir stellten fest, dass viel von der Maßschneiderei, so wie ich sie betreibe, auf die Latexverarbeitung übertragbar ist.
Als es um das Kleben selbst ging, wurde aber schnell klar: Es hat einen Grund, warum ich kein Latex verarbeite: Das muss man echt lange, lange üben, bis man ein Ergebnis erziehlt, das der Arbeit von Andrea nur im Ansatz nahe kommt!
Wir fingen mit einer Pantie für mich an. Die durfte ich auch selbst kleben. – Zum Glück ist sie für den Eigenbedarf 🙂 Die Jacke selbst klebte dann Andrea. Ich durfte beim Zuschnitt helfen und die ganzen kleinen Verstärkungen für Knöpfe, Ecken, etc. vorbereiten und auch aufkleben.
Als ich nach zwei Tagen Andreas Atelier verließ hatte ich eine perfekte Grundjacke – allerdings noch ganz in schwarz, ohne Knöpfe, Kordeln, Borten und Epauletten. Wir hatten jedoch schon Tests gemacht, wie sich Borten und Korden auf das Latex steppen ließen.
Zu Hause in Erlangen war ich dann nochmal zwei Tage mit dem Ausputz beschäftigt. Die Kordeln, die über das herausnehmbare Blatt laufen, mussten so zusammen genäht werden, dass Knopflöcher entstanden. Die Knöpfe wurden nicht angenäht, sondern „eingeklebt“ und damit das Blatt ordentlich sitzt wurden an den Kanten Magnetbänder eingearbeitet.
Eine großartige Erfahrung und eine Arbeit die mir richtig viel Freude bereitet hat.
Ende Oktober lieferte ich dann die Husarenjacke. Thorsten und ich machen immer ein kleines Spielchen daraus, dass seine Liebste nichts von meinem Erscheinen weiß. Die beiden wollten an diesem Abend auf eine Fetisch-Party gehen und hatten sich in ein nahe gelegenes Hotel eingebucht. Also habe ich mir ein passendes Outfit in den Trolley geworfen, bin ins Auto gesprungen und zum Hotel gefahren. Es war ein freudiges Hallo, als ich dann mit der Jacke vor dem Hotelzimmer stand. Thorsten war von dem Ergebnis sehr angetan und wir drei genossen noch ein sehr schönes gemeinsames Abendessen, bevor ich mich wieder auf den Heimweg machte…
Von Andrea habe ich ein Set „Übungsmaterial“ mitbekommen: Sie meinte, ich sollte mir zumindest mal ein Kleid nach meinen Schnitten fertigen. Noch ist das nicht geschehen, doch Lust habe ich auf jeden Fall darauf.