Miau!
Sexualität beschränkt sich bei weitem nicht nur auf den Akt an und für sich. Für viele entsteht die größte Freude in ganzen Geschichten, die rund um das finale „Rein-raus“ gesponnen werden. So zählen wir ein Paar zu unseren Kunden, für die das kuschelig weiche, dabei aber auch unberechenbare und verspielte einer Katze den Inbegriff der Erotik darstellt. Folglich wünschte man sich nichts mehr, als dass Frau Katze auch wie eine solche aussehen sollte.
Im Gegensatz zu der ersten Katze, die ich gefertigt habe, sollte dieses Katze eine „komplette Katze“ sein. Kein Stück Haut sollte ohne Fell sein. Außerdem wünschten sich die Beiden, dass die Katze, wenn sie denn in ihrem Fell steckt, dort nicht alleine heraus käme.
Diese Aufgabenstellung war relativ einfach: Denn die Katzentatzen mit dem fast 3cm hochflorigen Pelz lassen das greifen kleiner Dinge eh nicht zu. Wenn Frau Katze in ihr Fell geschlüpft ist, sieht man keinen Reißverschluss und keinen Haken. Wir haben alles schön unter dem Fell versteckt.
Eine Herausforderung war allerdings das stabile Fell – aus dem Polstereibereich, damit sich das Fell auch nicht abwetzt – und der Wunsch, dass der Anzug schmal am Körper liegt. Natürlich kann ich aus nicht elastischem Material einen Catsuit machen, der den Körper der Trägerin eins zu eins nachzeichnet. Doch dann ist die Bewegungsfreiheit der Trägerin auch schmerzlich eingeschränkt. Wenn wir uns zum Beispiel hinsetzen, wird der „Rücken länger“: Darum rutschen beim Hinsetzen Hosen runter und T-Shirts hoch. Bei einem Catsuit, bei dem Oberteil und Hose in einem geschnitten sind, würde jetzt nichts rutschen können und somit dier Hosenschritt unschön einschneiden. Die Rettung hieß Jersey. Wir haben an allen Übergängen „unterirdische“ Übergänge aus dem elastischen Material eingebaut.Auf den Fotos sehen Sie die Übergänge von Ärmel zu Handschuh. Denn auch hier ist es der gleiche Mechanismus. Solange der Arm gestreckt ist, ist er relativ „kurz“ – beugt man denn Ellebogen, wird die Strecke um einige Zentimeter länger. Mit so hochflorigem Webpelz zu arbeiten ist für sich eine Herausforderung. Denn wir wollten nicht, dass die Haare in die Nähte gezogen werden. Das würde die Nähte sichtbar machen und würde die Illusion eines durchgängigen Fells sehr schnell zerstören. Wenn man dann auch noch Handschuhe aus so einem Material fertigt… Ich bewundere da sehr Frau Haas, die Handschuhenäherin bei Pfeiffer Leder & Mode. Sie näht ein paar Handschuhe in 30 Minuten. Ich benötige da drei Stunden.
So gesehen sind wir Damenmaßschneider ein armes Volk: Wir können alles, aber nichts besonders schnell. Das liegt einfach daran, dass wir unheimlich viele Dinge beherrschen müssen. Nirgends gibt es so viele Schnittvarianten und soviele unterschiedliche Materialien wie in der Damenschneiderei. Während die Kollegen Herrenschneider mit Anzügen, Hosen, Westen, Sakkos und Mäntel eine sehr eingeschränkte Schnittkollektion haben und doch Wolle, Wolle und Wolle verarbeiten, haben wir einfach nicht die Möglichkeit uns der Art zu spezialisieren.
Dafür nähen wir dann eben auch Katzen-Tatzen 🙂
Der Anzug selbst ist übrigens in der hinteren Mitte mit einem Reißverschluss geschlossen, der natürlich auch unter dem Pelz versteckt liegt.
An einer Sache haben wir echt lange hin geknobelt: Die Schnurrbarthaare. Woraus macht man die? Wie befestigt man die? Karen hatte damals die rettende Idee: Gitarrensaiten! Keine Angelschnur wird in einer solchen Stärke und dann auch noch dunkel hergestellt – aber Nylonsaiten sind da perfekt. Das coole an Polyamid: Es ist durch Wärmeeinwirkung verformbar. Also habe ich die Schnurrbarthaare etwas länger als gewünscht abgeschnitten und an einem Ende einen „Nagelkopf“ geformt. Jetzt konnte ich das Schnurrbarthaar durch das Fell nach Außen schieben, ohne, dass es auch gleich herausfiel. Von der Rückseite wurde einfach mit Garn ein „Deckel“ genäht, dass das Schnurrbarthaar auch nicht wieder rückwärts in den Kopf fallen kann.
Jetzt schnurrt die Katze seit einigen Jahren glücklich vor sich hin.
Manchmal besucht sie uns. Für eine Fellpflege oder um eine kleine Verletzung zu versorgen, die sie sich im übermütigen Spiel zugezogen hat.
Auch an Katzen geht das Leben nicht spurlos vorrüber 🙂