Zarah Leander – Die Diva mit der Bassstimme
Eine Stimme „halb Mann, halb Frau“, eine „Abnormität“, ein „umgekehrter Kastrat: (…) eine Frau mit der Stimme eines Bassisten“ – oft wurde so über Zarah Leander geschrieben. Die Frau, die mehr Phänomen als Sängerin zu sein schien, und mit ihrer markanten Stimme eine Vielzahl von Menschen jeden Alters begeisterte.
Aber: worin liegt eigentlich die Besonderheit Zarah Leanders? Ist es allein ihre tiefe, volle Stimme, vielleicht doch eher ihre Ausstrahlung, oder ist Zarah Leander sogar nur ein von der Propaganda hochstilisierter Mythos?
Zarah Leander konnte nicht nur tief singen, nein, sie konnte auch so singen, dass man eigentlich immer jedes Wort verstand. Ihre ausgezeichnete Aussprache wird in nicht geringem Maße dazu beigetragen haben, dass ihre Lieder so berührten und so nahe gingen, da sie den Text auf eine Art und Weise vermitteln konnte, die den Zuschauer sie nicht einfach nur das Lied einer Leidenden singen hörten, sondern sie selbst leiden, das Leid empfinden und ausdrücken, sahen.
Diese Textverständlichkeit hat aber noch einen weiteren Grund. Zarah Leander war eine Sängerin, die den Text ausgesprochen genau gestaltete, jedes Wort so betonte, wie sie es meinte.
Kurzum, die Palette ihrer Ausdrucksmöglichkeiten umfasst sämtliche Unterarten von Sprechen, Singen bis hin zum emotionalem Ausbruch, und ist somit bemerkenswert vielfältig.
Nicht unerwähnt lassen darf man bei der Diskussion um Zarah Leander die Klangfarbe ihrer tiefen Stimme. Nahezu durchgängig wird sie als warm und weich beschrieben, aber trotz ihrer angeblich so männlichen Tiefe als erotisch und weiblich. Die Zeit schreibt 1949 über eben diese Erotik:
„Sie besitzt eine Stimme, die, als die weichen, tiefen, erotischen Frauenstimmen modern wurden, unbedingt über alle den Sieg davontragen mußte, die noch die Kühnheit hatten, hoch zu zwitschern oder rein und klar – nämlich nur mit der Stimme und nur mit der Stimme – zu singen.
Aber es war nicht rein die Stimme Zarah Leanders, dass den Bühnenzauber ausmachte, es war auch ihre Ausstrahlung und Präsenz. Paul Seiler schreibt in seinem Archiv, Zarah
Leander „besaß eine ungeheure Ausstrahlung, eine Bühnenpräsenz, die die Zuschauer schon gefangen nahm, bevor die Stimme erklang.“
Jutta Jacobi führt in diesem Zusammenhang eine Anekdote an, als Zarah Leander bei einer Neujahrsrevue in Stockholm debütierte und mit ihrem Auftritt alle anderen Auftretenden sofort zu Randfiguren erklärte:
„Die debütierende Primadonna kam, sang – und der Abend gehörte ihr. Da stand sie, Zarah Leander, der Kopf von den prachtvollen roten Haaren umlodert, eine große Frau mit üppigen Formen. Eine so bezwingende Ausdruckskraft hatte noch keiner gesehen. Sie war wunderschön, sie war gefährlich, sie war so verlockend, dass es den Männern schwerfiel, auf ihren Stühlen sitzen zu bleiben. (…) Als sie mit der ersten Gesangsnummer fertig war, standen die Leute auf, der Applaus wollte gar nicht mehr aufhören, es wurde gepfiffen und getrampelt.“
Nicht außer Acht lassen, wenn man über Zarah Leanders Auftritte spricht, darf man aber auch ihren Sinn für (Selbst-)Ironie, der sich einem schon unweigerlich zeigt, wenn man ihre Biographie liest.
Zarah Leander hat also eine tiefe Stimme. Sie hat ein nicht gerade unauffälliges Äußeres, Ausstrahlung, Humor – war es das, was sie zur Diva machte?
Darüber sollte jeder sich selbst ein Urteil machen.
Fakt ist jedoch das sie eine außergewöhnliche Frau war und durch ihr Talent viele Rollen zugleich zu verkörpern, machte sie auch für so viele Menschen zugleich so bedeutend.