Spring – Autumn
„Frühling – Herbst„, so ist die Bilderstrecke des Künstlers Qozop betitelt, der über sich selbst sagt: „Da gibt es nichts besonderes an mir. Ich bin nur ein Künstler, der sich eine Bildermachende Krankheit eingefangen hat.“
Er lässt junge Menschen neben ihren Eltern oder Großeltern posieren. Dann tauschen beide Personen gegenseitig ihre Garderobe und nehmen die Stelle des anderen ein. Entstanden sind Bilder, die auf den ersten Blick witzig sind. Für mich erzählen sie aber viel mehr: Diese Bilder geben so gut wie kein anderes Projekt den Satz „Kleider machen Leute“ wieder.
Obwohl die getauschte Garderobe zum Teil grußelig schlecht passt, bleibt das ansprechendere Outfit das ansprechendere Outfit. Trotz der verfehlten Passform! Das tiefausgeschnittende Rippenshirt sieht an jung und alt ungepflegt aus. Das traditionelle Gewand wirkt an der Mutter ebenso elegant, wie an der Tochter. Die schwarze Lederjacke wirkt am jungen Mann genauso abwehrend-agressiv, wie am weißhaarigen Herrn.
Kleidung erzählt etwas über den Menschen, der sie trägt. Kleidung drückt aus, wer da vor einem steht. Die weiße gestärkte Bluse vermittelt mir, die Trägerin ist eine ordentliche bis pedantische Persönlichkeit. Die buntbedruckte weite 7/8-Hose lässt die Trägerin modisch-lässig-kreativ wirken.
Natürlich spielt Gestus und Bewegung eine große Rolle. Daher erkennen wir instinktiv, wenn sich jemand „verkleidet“.
Einer der schönsten Punkte in meinem Job: Ich habe nur wenige Minuten Zeit zu begreifen, wer mein Gegenüber wirklich ist. Und dann ist es meine Aufgabe, meiner Kundin/meinem Kunden eine Garderobe zu entwerfen, die die gewünschte Wirkung erziehlt, dabei aber „keine Lügen erzählt“.
Mich inspiriert dieses Fotoprojekt einfach mal Dinge anzuprobieren, die gar nicht meinem Geschmack entsprechen. Wie sehe ich aus, wie wirke ich, wenn ich ein ganz „fremdes“ Outfit anhabe? Oder entdecke ich dann eine Facette an mir, von der ich noch gar nichts wusste?