Endlich wieder: Ist das Kunst, oder kann das weg?
Dem wachsamen Leser ist es vielleicht aufgefallen, es gab schon lange keine Fortsetzung mehr zu meiner kleinen Serie. Jetzt ist es soweit! Der Kunstbanause hat wieder zugeschlagen! Ich hatte ja schon befürchtet, dass plötzlich alle Putzkräfte und Hausmeister zu wahren Kunstkennern geworden sind und niemand mehr etwas aus Versehen etwas entsorgt. Die geschädigte Künstlerin hat aber aus der Not eine Tugend gemacht und hat ihrem Kunstwerk kurzerhand eine neue Bedeutung gegeben. Leider finde ich die heutige Geschichte nicht so lustig, wie die vorhergehenden, da es um ein aktuelles und bewegendes Thema geht. Aber von Anfang an.
Die Künstlerin Romana Menze-Kuhn hat in der Käfertaler Philippuskirche ein Mahnmal zur Flüchtlingskrise installiert. Im Altarraum formte sie aus goldenen Rettungsfolien (aus dem Erste-Hilfe-Kasten) und Europaletten (dem Einheitsmaß für den Transport von Waren in Europa) Behausungen, daher auch der Name des Kunstwerks „Behausung 6/2016“. Diese Dinge sollten deutlich machen, mit wie geringen Mitteln eine Notunterkunft gebaut werden kann, mit Zuhause, Heimat oder Geborgenheit haben diese Dinge aber wenig zu tun.
Sie sagte selbst:
„Auch hier arbeite ich ortsgebunden, prozessartig und immer situativ.
Hier in Mannheim beziehe ich mich auf die Flüchtlingsunterkünfte in den ehemaligen US-Kasernen und den Problematiken, die die riesige Anzahl von Flüchtlingen mit sich bringen. Wie gehen wir damit um? Was macht es mit uns?
Die Behausung erweitere ich mit skulpturähnlichen Objekten, die an verdecktes Menschliches erinnern, sowie mit Collagen, in denen ich ausgerissenen Teile der Rettungsdecken mit einarbeite.“
Eine Putzfrau entfernte nun einen Großteil der Decken, obwohl sie am Boden festgeklebt waren, und warf sie in die Tonne. Der Künstlerin und der Pfarrerin, sowie Gastgeberin der Kunstaktion Kyra Seufert blieb die Luft weg.
Doch Menze-Kuhn traf nun einen neuen Interpretationsansatz: Ursprünglich war die Aktion als Verweis auf Flucht und Fremde gedacht, nun stellen sich neue Fragen: Was bleibt von den Flüchtlingen? Wie enden Reisen oder Hoffnungen? Wie gehen wir letztlich mit der gesamten Thematik um? Das „neue“ Kunstwerk trägt nun den Namen „Behausung 6a/2016“.
Seufert zeigte sich beeindruckt von der neuen Darstellung und sagt: „Die nun neu getroffene Aussage der Künstlerin macht mich ebenfalls sprachlos und löst viele Fragen in Bezug auf das Thema Flucht bei mir aus.“
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