Der Künstler, der seine eigenen Werke verbrennt
Klingt komisch, ist es aber gar nicht. Otto Piene ist einer der bedeutendsten Künstler der Gegenwart und zeichnet seine Bilder nicht mit Pinsel und Farbe, sondern mit Flammen.
Der 85-jährige ist 1967 nach Massachusetts ausgewandert, wo er noch heute mit seiner Frau Elizabeth lebt.
Eines der alten Korn-Silos, das auf seiner Farm steht, hat Piene zu einem Kunstraum verwandelt. Wo früher Getreide lagerte, tanzen nun Tausende Lichter an der Wand. Ein Lichtballett, mit dem Piene dunkle Erlebnisse seiner Jugend verarbeitet hat.
„Es hat mit dem Zweiten Weltkrieg zu tun“, erklärt Piene. „Das ängstliche Warten ohne Licht während der unzähligen Fliegeralarme. Wer damals sein Licht nicht löschte, musste mit empfindlichen Strafen rechnen.“ Ein Zustand, der sich erst im Mai 1945 änderte – mit Kriegsende. „So wurde Licht für mich zum Symbol der Freiheit.“
Hinter seinem blau getünchten Holzhaus befindet sich Pienes „Feuer-Atelier“. Ein massiv gemauerter Windschutz ohne Dach, der nur aus drei Wänden besteht. Hier entstehen unter freiem Himmel seine Rauch- und Feuerbilder. Piene beginnt mit seinem Werk, sprüht dicke Schichten Autolack aufs Papier, entzündet sie dann mit einem Streichholz. Durch die Hitze schlägt die Farbe Blasen.
„Es geht um die Übertragung von Energie“, sagt Piene. Er spielt mit dem Feuer, bewegt das Papier, bläst in die lodernden Flammen, bevor er sie schließlich auspustet. Piene über sein Werk: „Durch das Feuer entstehen Dinge, die man nicht vorausberechnen kann.“