Wien – Kapitel 1 – unser Besuch bei Art for Art
Meine Näh-Mäuse sind toll. Und das nicht nur handwerklich, sondern vor allem auch menschlich. Sie sind auch genauso faul wie ich es bin – jedoch sind sie auch schreibfaul. Daher hoffe ich seit Feburuar, dass mal eine ein paar Zeilen über unseren wunerschönen Firmenausflug tippt.
Wenn ich als „Chefin“ davon schreibe, wie toll es war mit den „Angestellten“ ein Wochenende in Wien zu verbringen, hat das auch immer so ein G’schmäckle von Eigenlob. Aber bevor das Thema hier ganz untergeht und gar nie berichtet wird… Ich tipp ja gerne 🙂
Also, da trafen sich an einem Sonntagmorgen im März 2014 vier Näh-Mäuse zu einem gemeinsamen Frühstück im Erlanger Lieblingscafé „Mengin“. Wir waren nur zu viert, denn Karen weilte schon in Wien. Insgesamt sieben Wochen hat sie dort bei „Art for Art“ ein Praktikum absolviert, von dem das ganze Atelier profitiert. Wir trafen uns zum Frühstück, denn wenn ein leerer Magen schon nicht gerne studiert, so reist er noch weniger gerne.
Barbara, Eszter, Magdalena und ich steuerten dann gegen halb elf auf die österreichische Hauptstadt zu. Einen richtigen Plan hatten wir nicht. Wir wussten nur: Wir wollen einen Blick hinter die Kulissen werfen. Bei „Art for Art“ arbeiten mehr als 250 Leute. Ein großer Teil sind Schneider. Aber man findet dort auch Kostümbildner, Modisten, Schuhmacher und viele andere kreative Köpfe. Bei „Art for Art“ werden die Kostüme der meisten Bühnen Wiens angefertigt. Auch für Fernsehproduktionen werden hier häufig Modelle gearbeitet.
Wie beschreibt man dieses Gefühl, dass mich in den heiligen Hallen ergriff? Art for Art ist in der Wiener Goethestraße, in einem altehrwürdigen Gebäude untergebracht. Die hohen Decken geben Luft zum Atmen und Raum für Kreativität. Als ich die großen Räume mit den unzähligen Arbeitsplätzen sah, fühlte ich mich wie ein „Vorschulkind“ in Sachen Schneiderei. Allein die Menge an Material, dass wir zu sehen bekamen, wirkt erfurchtgebietend.
Wir durften in die Werkstätten jedes Gerwerks hineinspitzen. Uns wurde aktuelle Arbeiten gezeigt und erklärt. Selbst mit Fachwissen wurde nicht gegeizt!
Als wir nach etwa zwei Stunden Art for Art verließen schwirrte mir der Kopf von den vielen Eindrücken und Informationen. Es passiert mir nicht mehr häufig in so geballter Weise Dinge aus meinem Fach zu sehen, die ich so noch nicht gesehen habe. Soviele Anregungen, eine andere Verarbeitung auszuprobieren, einen neuen Ansatz zu wählen! Grandios!
Ich tippe diesen Text vier Monate später und noch immer spüre ich diesen Rausch im Kopf, den Art for Art bei mir ausgelöst hat. Ich hätte dort Wochen bleiben können. Eintauchen in eine Verarbeitungswelt, deren Maxime Anpassungsfähigkeit und Strapazierfähigkeit sind. Eintauchen in eine Welt, in der in Punkto Material alles möglich ist: Da wird der Stoff auch mal extra gefärbt, bedruckt, gewebt. Eintauchen in Plisses, Tütüs und endlosen Rüschen…
Eine nachdrückliche Erinnerung, die nicht so schnell verblassen wird.