Freud und Leid liegen so nah bei einander…
Samstag, der 25. April 2015.
Ein Tag, an dem mir soviel Adrenalin durch die Adern schoss, wie selten.
Die meisten, die uns und unser Atelier kennen, oder auch hier auf „Provokantig“ lesen, kennen Coco. Für alle anderen sei der kleine Vier-Pföter kurz vorgestellt: Coco Seidenfell aka „Herr Hund“, 35cm Stockmaß, 9kg, Terrier-Windhund-Mischling.
Coco ist immer mit mir unterwegs. Somit auch am gerade vergangenen Samstag. Die ganze Crew traf sich morgens um neun im Atelier, denn es standen in München die bayerischen Meisterschaften an. Seit Wochen füllte dieses Thema unsere Abende und Wochenenden. Keine freie Minute verging, in der nicht gestichelt, probiert und gebügelt wurde.
Wir ließen es gemütlich angehen und hüpften nach einem Frühstück mit Monika Denglers phantastischen Rhabarber-Baiser-Kuchen ins Auto. Auf nach München! Coco thronte auf der Rückband zwischen Barbara und Eszter. Sein Krawatterl war für den großen Abend im Gepäck und natürlich reichlich „Wursti“.
In München bekamen wir überraschend einen klasse Parkplatz, nur zwei Gehminuten von Innung und Stadtmuseum – hier würde abends die Modenschau sein – entfernt. Zuerst gaben wir die Wettbewerbs-Outfits in der Innung ab. Danach wollten wir etwas Essen gehen. Wir hatten noch eine gute Stunde Zeit, bis die erste vor die Jury musste.
In Erlangen läuft Coco prinzipiell ohne Leine. Er kennt sich gut aus in der Stadt. Doch in München wollte ich auf Nummer sicher gehen und schnappte mir die Leine aus dem Auto. Wir diskutieren noch, ob wir gleich alle Utensilien mitnehmen, oder noch mal zum Auto zurück kehren – da ist Coco weg. Naja, er wird sicher irgendwo ums Eck schnuppern. Wir gehen ein paar Meter retour. Pfeifen. Rufen nach ihm. Nichts.
Wir splitten uns auf und fangen an die 300 Meter systematisch zu durchkämmen, auf denen wir bis dato unterwegs waren. Danach die Seitenstraßen. Wir fragen Passanten und Kellner in den Straßencafés. Kein Coco weit und breit.
Nach 20 Minuten schicke ich Magdalena, Barbara und Eszter zum Essen. Die Mädels müssen in einer dreiviertel Stunde ihre Outfits vor einer dreiköpfigen Jury präsentieren, dafür benötigt man Grundlage.
Ich suche weiter. Erweitere meine Kreise.Nach einer Stunde ist mir alles andere als wohl zu Mute. Ich versuche unsere Tierärztin zu erreichen, die leider das Telefon nicht hört – schicke ihr eine Nachricht. Was tut man, wenn der Hund weg ist? An wen wendet man sich? Wo ruft man an?
Die Mädchen gehen zum Wettbewerb. Es nützt ja alles nichts. Den Wettbewerb sausen lassen für eine Suchaktion, die der Nadel im Heuhaufen gleicht? Ich beginne darüber nach zu denken, wie lange ich nach Coco suchen soll. Kann ich aufhören? Nein. Ist es sinnvoll weiter zu suchen? Auch nicht. Verzweiflung.
Ich stehe vor meinem Auto und lasse im Kopf die Situation Revue passieren. Mir kommt ein Bild in den Sinn… Hatte ich Coco auf der Straße hinter dem Auto gesehen? Aber was will er auf der anderen Straßenseite? Da ist ein Schotterweg entlang eines Baustellenzauns. Er liebt Gastronomie und Menschen – da kann er seinee Ehrenmitgliedschaft bei der Erlanger Stadtreinigung ausleben. Aber ein Schotterweg?
Egal. Ich habe eh nichts besseres vor und gehe das Wegerl entlang. Ich treffe auf die Blumenstraße und sehe gegenüber einen Biergarten. Hat Coco die an dieser Stelle vier spurige Straße überquert?
Ein Polizeiauto mit blinkendem Blaulicht steht vor der Gastro und zwei Häuser weiter sehe ich die Hüter des Gesetzes. Cool! Die können mir sicher sagen, was ich tun muss um Coco wieder zu bekommen. Die Herren stehen vor einer Tür und warten offensichtlich auf Einlass. Dann mal schnell!
Ich bewege mich auf die Polizisten zu und sehe im Eck vor der Haustür – COCO!
Was dann kam war eher peinlich. Ich bin den Herren vor Erleichterung um den Hals gefallen, um dann in hysterisches Weinen auszubrechen. Mein Herz hängt halt an dem kleinen Stinker.
Deren Geschichte war schnell erzählt: Jungendliche hatten Coco bemerkt, ihn aufgehalten und die Polizei informiert. Die Herren hätten Coco gerne ins Tierheim gebracht, der aber ließ sich nicht anfassen und wehrte sich mit Schnappen. Auch eine BiFi machte da keine Freunde. Erst als ich mit den Polizisten sprach, verschwand die BiFi in Sekundenschnelle zwischen Cocos Zähnen.
Für Coco und mich wäre das eigentlich genug für den Tag gewesen. Ich war heilfroh, dass Coco wieder bei mir war. Aber da war ja noch was mit dem Fachwettbewerb der bayerischen Meisterschaften und drei fleißigen Näh-Mäusen, die gerade um die Plätze kämpften…