Ein Auftrag mit ganz besonderen Herausforderungen
Es gibt eine Sorte Aufträge, die sich immer wieder durch eine ähnliche Konstallation auszeichnen: Wir sind ausführende Kraft, unser Auftraggeber eine Werbeagentur und der eigentliche Kunde irgenein großer Konzern. Das Problem: Niemand kann entscheiden, die Kommunikationswege sind lang und obwohl wir die Fachleute in Sachen Klamotte sind, ist unser Rat nicht gefragt. Wir stehen immer erst dann auf dem Plan, wenn das Kind bereits samt die Bade zu kippen droht.
So auch in diesem Fall. Hinzu kam, dass wir eine ganz außergewöhnliches Material zu verarbeiten hatten: Eine Kunstfaser, die von Lichtleitenden Fäden durchzogen war. Diese Fäden wurden wiederum an den seitlichen Enden der Stoffbahnen vor einem LED-Lämpchen gebündelt. Das bedeutet natürlich auch eine gewisse Einschränkung in der Verarbeitung.
An den LED-Lämpchen hing dann auch eine Batterie samt Steuerung. Man konnte die Lämpchen nämlich in acht verschiedenen Farben leuchten lassen. Ein recht stabiles Material also, dass auf Knicke mit „Lichtaustritt“ reagiert.
Das Outfit sollte von verschiedenen Hostessen getragen werden, die damit insbesondere durch dunkle Clubs touren. Als „Träger“ diente ein schwarzer Morphsuit, dem die Kapuze entfernt wurde. Aus dem beleuchteten Kunstfasermaterial sollte ein sexy Oberteil und ein Röckchen gefertigt werden. Das Oberteil hatten wir schnell so gefertigt, dass auch der Kunde zufrieden war. Mit dem Rock gab es allerdings einige Komplikationen: Zuerst als lose um die Hüfte drappiertes Tuch, sollte es nun ein sexy enger Pencil-Skirt werden.
Sie erinnern sich: Knicke = Nähte mag das Material nicht. Es ist stabil und die Batteriefächer samt Schalter müssen auch irgendwo untergebracht werden. Ach ja, es soll verschiedenen Damen passen.
Auch hierfür hatten wir eine Lösung: Wir legten das ganze als Wickelröcke an.
Doch auch das nächste Problem ließ nicht lang auf sich warten: Die Röcke gefielen von vorne sehr gut, doch hinten, am Popo, seien sie zu dunkel. Die LED-Lämpchen waren jeweils an den seitlichen Enden der Stoffbahnen. Mache ich daraus einen Wickelrock, der vorne übereinander geht… ja genau! Ist es in der Mitte der Stoffbahn = am Popo, am dunkelsten.
Die einzige Möglichkeit hiergegen wären kurze Stoffbahnen gewesen, die man nur im hinteren Bereich unterarbeitet, oder das Einziehen von extra Fäden, die nochmals extra mit Licht befeuert werden.
Das dritte Problem war die Technik aus China. Die LED-Lämpchen waren leider so instabil verlötet, dass eine Lampe nach der anderen den Geist aufgab. Gelobt sei das Netzwerk! Bei einem Hochzeitsauftrag machte ich die Bekanntschaft mit Cornelius Wachinger. Er ist ein Fachmann, wenn es um LEDs geht und somit die erste Nummer die ich wählte. Cornelius entledigte mich gleich zweier Probleme: Er rettete die Technik und legte die Verkabelung der Lämpchen so an, dass wir von sechs Batteriepacks pro Rock auf einen kamen. Was ganz prima war um den Rock auch wirklich eng arbeiten zu können.
Nach zwei Nachtschichten und einer Sonntagsschicht waren zum Schluss alle geforderten Outfits rechtzeitig fertig.
Wie lautet der schöne Spruch des Landesverbands der Maßschneider? „Maßschneider – wenn´s passen soll.“ Genau 🙂