Die Wächter
Sie fungierten bereits bei unserer Ateliers-Einweihungsfete als Türsteher. Doch das war ja nicht der Anfang…
Klemens und Matthias Wolf – bekannt als die „Wolfbrothers“ – begegneten mir das erste Mal im Rahmen der FXpo-Treffen. In einem Punkt waren wir uns sofort einig: Im Gegensatz zu den Herrschaften, die sich um „Konzepte“ & Co. kümmerten, interessierten wir uns mehr für die Dinge, die wir machen konnten. Handwerker halt.
Wir hatten sofort einen guten Draht zu einander. Und so war es nicht verwunderlich, als im Spätherbst die Anfrage kam, ob wir bei den nächsten Kostümen den „Stoff-Part“ übernehmen wollten.
Vorlage waren die Cartoons „Clone Wars“ – ein weiterer Ableger des Star Wars Universums. Praktischer Weise war mir sofort klar, welcher Stoff da in Frage kommt. Denn das ist meist der schwierigste Punkt: das geeignete Material für ein Projekt finden. An der Material- und Lieferanten-frage ist schon manches Projekt gar gescheitert!
In diesem Fall war es aber „einfach“: Moleskin musste her. Und Dank eines Auftrags von vor einigen Jahren, wusste ich auch, wer da liefern kann. Einziges Problem: Wir benötigten Moleskin in hellbeige, beige und schokobraun. So eine detaillierte Farbkarte ist eher die Seltenheit. Brisbane Moss, der Lieferant, bietet sogar an, den Moleskin in der Wunschfarbe des Kunden einzufärben. Ohne Aufpreis! – aber bei einer Abnahme von 300 Metern. Okay. Zuviel. Also simplicolor bestellen und selber färben.
Da auch Andrea, Klemens Freundin, ein Kostüm bekommen sollte, wir also drei Ausfertigungen nähen sollten, benötigten wir doch einiges an Stoff. In Summe kauften wir also 27 Meter Moleskin. Sechs Meter in beige, sechs Meter in Schokobraun und den Rest in Wollweiß. Die 15 Meter wollweißen Moleskin färbte ich in der Waschmaschine hellbeige ein. Auf drei Mal. Witzigerweise war die erste Färbung super gleichmäßig, Nummer zwei und drei bekamen eher ein „Wolkenmuster“. Das Glückliche an der Sache: Passte perfekt zum Look! Zu clean hätte doch niemand geglaubt, dass die Wachen schon seit Jahren Dienst tun 🙂
Neben dem Moleskin brauchten wir „Schabracke“ – eine Einlage, die ich aus Lehrzeiten kenne, die offiziell aber ganz anders heißt und in den Bereich der Schuhmacher fällt. Ich hatte vor Jahren eine halbe Ewigkeit besucht, bis ich diese Einlage wiederfand und habe mir damals gleich eine ganze Rolle zu gelegt, von der wir heute noch profitieren. Außerdem benötigten wir Leder in zwei Farbtönen, Reißverschlüsse, Verschlüsse für die „Armstulpen“ und einen Jersey für die Unterziehhemden.
Die ersten Anproben hatten wir um den Jahreswechsel 2014/2015 – den ersten Auftritt in den Kostümen hatten die Wolfbrothers am 31. Januar 2015.
Das Besondere an einem solchen Auftrag: Die bekannten Methoden etwas anzufertigen helfen hier nicht weiter. Völlig neues Terrain. Allein die Vorabeit, bis wir wussten wie die einzelnen Lagen des Kostüms auszusehen hatten: Das Unterziehhemd aus Jersey, an dem direkt die „Handschuhe“ angenäht waren, die „Schürze“ mit den aufgesetzten und in Zickzack abgesteppten Seitenteilen. Darauf fixiert der Gürtel samt seinen Taschen und Schlüsseln. Am Oberkörper die Schärpe und darüber nochmals das verstärkte kurze Cape mit Kapuze.
Das einfachste waren die schokobraunen Hosen, die unter all den Lagen zu finden waren.
Nach rund 175 Stunden Arbeit wurden die Schärpen und Capes noch von Magdalena mit den Symbolen bemalt. Magdalena ist da dank ihrer Firma Scatty die absolute Fachfrau! Das Ergebnis ist auch großartigst!!!
Ich könnte hier noch Stunden ins Detail gehen: Was wir alles umgebaut haben im Laufe der Entstehung. Da waren alle drei Outfits bereits fertig, stellt sich heraus, dass irgendetwas so nicht funktioniert. Entweder ein Verschluss hielt der Bewegung nicht stand, oder etwas behinderte den Träger.
Mit dem Endergebnis sind wir alle, Auftraggeber wie Macher, sehr zu frieden. Dennoch: Würde ich heute nochmal ein solches Kostüm nähen, würde ich an mindestens fünf Ecken Dinge gleich anders beginnen.
Versuch macht kluch!
Hinterher ist man eben immer schlauer.
Das nächste gemeinsame Projekt wird aller Voraussicht nach so anders sein, das die gewonnene Erfahrung mal wieder nix nutzt. Dafür können wir danach ebene etwas neues!
Jedenfalls hatten wir mit Abstand die coolsten Türsteher ever! Oder?
Übrigens: Die Masken und Lichtschwerter haben die Wolfbrothers selbst angefertigt. Die Stiefel stammen vom Schuh Hiegl aus München. Freue mich noch heute, dass ich da die richtige Lieferantin vermitteln konnte!