…dann kann er was erzählen!
Bei solch erhebenden Anblicken fällt es auch nicht schwer schon um kurz nach sechs das wohlig warme Bett zu verlassen.
Mein heutiges Ziel hieß Glasgow, genauer Kilbride. Zwei Lieblingskunden hatten dort im vergangenen Jahr Law Castle entdeckt. Eine Turm-Burg, die man mieten kann. Meine Aufgabe war es, die Dame des Hauses mit neuer Garderobe zu überraschen. Und für Lieblingskunden fliegt man auch über Landesgrenzen.
Doch da ich am Tag zuvor noch mit Susanne Westphal, meinem Hund Coco und den „Damen vom Pool“ unterwegs war, ging es nicht direkt an den Münchner Flughafen sondern zuerst einmal ins nahe gelegene Hundehotel.
Oh weh, oh weh! Coco versteht „Hundehotel“ gar nicht. Er war sich sicher, das ist hier ein Tierarzt. Ach kleine Schnauze! Es ist doch nur für eine Nacht. Morgen nachmittag bin ich wieder bei Dir, großes Ehrenwort. Und die Damen hier sind doch sehr freundlich und verständnisvoll…
Mit einem weinenden und einem lachenden Auge ging es für mich dann weiter zum Flughafen. Mein Flug führte mich über Amsterdam. – Holla! Die Niederländer sind aber ein attraktives Volk, meine Herren! – und von dort weiter nach Glasgow. Ich hatte von meinem Lieblingskunden eine höchst exakte Wegbeschreibung erhalten, inklusive des Tipps, das Zugticket bereits online im Vorfeld zu erwerben. Und dank des netten Platznachbarn im Flieger, hatte ich dann auch noch eine ortskundige Begleitung vom Flieger bis zur Paisely Gilmour Street.
Bereits als ich auf den Zug wartete bekam ich eine Ahnung vom schottischen Wetter 🙂 Gestern noch im Sonnenschein wandern – hier zog es wie Hechtsuppe…
Als der Zug Kilbride erreichte war es stockfinster und der Regen peitschte auf mein armes kleines Schirmchen. Dank der Windböen war der Aufstieg zu Law Castle auch echter Sport. Doch nichts hielt mich von meiner Mission ab.
Alles war genau abgesprochen: Ankunftszeit des Zuges, voraussichtliche Zeit für den Fußweg zur Burg, er würde die Tür unabgesperrt lassen, ich würde mich hinein stehlen.
Wenn ich das heute, im warmen Wohnzimmer sitzend, in die Tasten haue, ist das die eine Sache. Bei Dunkelheit, mit Trolley gegen den Sturm kämpfend – eine ganz andere Sache. Und dann die ganze Aufregung, ob alles klappt, wie geplant? Ich kenne die Örtlichkeiten nicht. Finde ich mich zurecht? Was wenn die Dame des Hauses unsere Pläne unwissentlich kreuzt? Herzklopfen!!!
Ich wusste, dass die beiden sich im „Wohnzimmer“ des Castles aufhalten würden. Auch unter dem Titel „Great Hall“ bekannt, was die Dimension deutlich besser trifft. Da diese große Halle im ersten Stock zu finden war, konnte ich mich erst einmal im Erdgeschoss – in der „Bibliothek“ – trocken legen. Anschließend schlich ich mich auf Zehenspitzen in den ersten Stock…
…die Tür knarzte viel zu laut! Wie will man denn da Überraschungsgast sein?!?
Ich war eher „Erschreckungsgast“! Die knarzende Tür ließ der Lieblingskundin kurz den Glauben an Schlossgespenster wieder erwecken. Im schummrigen Kerzenschein war jedes fremde Wesen ein Gespenst oder mindestes ein Einbrecher.
Überraschung gelungen!
Die Anprobe der neuen Kleider musste dann noch etwas warten. Erst als wir sicher waren, dass der Herzschlag der völlig Perplexen sich wieder in normalen Sphären befand, wanten wir uns der textilen Dinge zu. 🙂
Bis hier her bereits ein Abenteuer, war das dem Schicksal nicht genug.
Schon mal in einem echten Castle übernachtet? Hui-Buh ist ein Dreck! Der Wind, der Wind, das himmlische Kind, pfiff so lautstark durch und um das alte Gemäuer, dass die empfohlenen Ohropax die einzige Möglichkeit für Schlaf waren.
Nach einem üppigen Frühstück begann erneut der Kampf gegen den Wind. Die Beiden waren so lieb mich zum Flughafen Glasgow zu fahren. Doch bereits das Einsteigen ins Auto war „lustig“. Ging man mit dem Wind, trug er einen unweigerlich drei Schritte weiter als geplant. Auf der Fahrt an der Küste entlang schlugen die Wellen teilweise über die Straße! Der Wind wuchs sich zu einem anständigen Sturm aus.
Ergebnis war ein weiteres Abenteuer: „Sie fliegen heute nicht über Amsterdam nach Hause. Wir versuchen es mal über London.“ Leute, das war das letzte, worauf ich jetzt Lust hatte! Aber wer fragt schon danach 🙂
Und tatsächlich. Ich flog also zwei Stunden später als geplant nach London um dort auch noch eben den Flieger nach München zu verpassen und schlussendlich um neun Uhr abends anstelle von vier Uhr nachmittags wieder deutschen Boden unter den Füßen zu haben.
Der Taxifahrer, der mich zu meinem Parkfeld brachte, bekam auch nen Zehner Trinkgeld. Hauptsache schnell zu Coco und ab auf die A9 nach Hause!
Was bei dem ganzen Trubel mal gesagt werden muss: Respekt an die Damen und Herren der Fluglinien, Flughäfen und an die Damen des Tierhotels. Alle, wirklich alle taten, was immer sie tun konnten. Jeder bekam rechtzeitig bescheid, wann er wo sein musste und die Tierhotel-Chefin hatte auch vollstes Verständnis für die Umstände und ließ mich Coco noch so spät abholen.