Bin ich ne doofe alte Tusse?
In Erlangen hatte gestern, am Donnerstag, den 16. Mai 2013, die Bergkirchweih ihren Anstich. Die „kleine Schwester“ des Münchner Oktoberfest war mir immer sehr lieb, da es eben etwas kleiner, nicht ganz so überlaufen und vor allem weniger agressiv auf mich wirkte.
Das Münchner Oktoberfest habe ich seit Jahren nicht mehr besucht, was nichts damit zu tun hat, dass ich nicht mehr in München wohne. Ich meide sogar die ganze Stadt während der „fünften Jahreszeit“. Ich erinnere mich noch, wie schön mein Wiesn-Besuch 1994 war: Wir waren eine Gruppe von einem guten Dutzend junger Leutz und hatten uns einen Platz im Garten vom Löwenbräu Zelt ergattert. Als es später zu regnen anfing, und die meisten Leute flüchteten, haben wir über unseren Tisch einfach andere Tische quer drüber gebaut, so dass wir einigermaßen trocken saßen. Im Schnitt trank jeder eine Maß – die Mädels wohl eher eine halbe, die Jungs dafür anderthalb 🙂 Wir hatten viel zu lachen, besuchten noch einige Fahrgeschäfte und waren gegen zehn Uhr glücklich und zufrieden auf dem Heimweg.
Heute ist das anders: War es damals schon voll, kann man sich nun gar nicht mehr bewegen. Man hat eigentlich ständig Körperkontakt zu fremden Menschen.
Und auch die Erlanger Bergkirchweih eifert ihrem großen Vorbild nach: Es ist nun schick „vorzuglühen“. Auch ein lauter, polternder Umgangston muss sein. Außerdem scheint es sich nach dem neuen Regularium zu gehören, dass man als Mann seinen Allerwertesten entblößt und als Mädl wahlweise das Rockerl lupft oder die Brust ins Freie hängt. Wer keine Glasscherben auf dem Weg zur oder von der Kirchweih produziert ist völlig out. Man spuckt und rotzt an die Fensterscheiben der Ladengeschäfte, die man auf seinem Weg passiert und begegnet unbeteiligten Passanten mit „witzigen“ Sprüchen.
Ich finde das nicht lustig. Ganz im Gegenteil, mich machen diese Leute agressiv. Diese Menschen, die sich so benehmen – und das sind inzwischen keine Ausnahmeerscheinungen mehr, sondern das Gross – verschandeln mein Umfeld, sind unangenehm in Ton, Geruch und Bild und machen mir zuweilen sogar Angst.
Jetzt könnte es sein, dass ich inzwischen zu einer doofen alten Tusse verkommen bin. Etablishment. Doch in meiner Erinnerung finde ich keine Bilder von mir und Freunden, die diesen Bildern von heute gleichen würden.
Ich finde es traurig, dass man heute Alkohol zum „lustig sein“ braucht. Ich finde es traurig, dass „lustig sein“ heute vielerorts ein Synonym für lautes und flegelhaftes Verhalten sind. Ich finde es traurig – denn so verlieren doch eigentlich alle: für die einen wird „lustig sein“ teuer und unangenehm, weil der Alk bezahlt und die Konfrontation mit einem Ordnungshüter nichts ruhmreiches ist – für die anderen, weil wir die Schäden, die so ganz nebenbei entstehen (Nummernschild geklaut – super lustig. Blumen ausgerissen – auch sehr zum Lachen),
selbst zahlen müssen und natürlich unangenehm, weil man schneller in die „Schusslinie“ eines solch „lustigen Menschen“ gerät, als einem lieb ist.
So, dann haltet mich jetzt alle für spießig und Spaß befreit 🙂
Ich bin heute Nacht im CULT bei We want revenge. Da gibt´s nette Menschen, gute Mucke und prima Stimmung ohne Nebenwirkungen 🙂