Abendkleid für „Frau Oberbürgermeister“
Sylvie Janik ist zum Glück eine Person, der Titel nicht wichtig sind. Schon gar keine „angeheirateten“. Nichts desto trotz ist sie natürlich die Gattin unseres Oberbürgermeisters Florian Janik.
Da wir für Florian seit drei Jahren seine Garderobe arbeiten, kommt es auch immer wieder vor, dass Sylvie unsere Unterstützung in Anspruch nimmt. Vor allem, wenn es um das Abendkleid für das Schlossgartenfest geht. Laut eigener Aussage findet sie es großartig, dass sie sich keinerlei Gedanken um den Termin machen muss: Sie bekommt von uns einige Vorschläge, sucht sich daraus etwas aus und lässt uns weitestgehend freie Hand in der Gestaltung.
Nachdem wir 2014 für Sie ein eher klassisches Kleid mit Korsagenoberteil und Tellerröcken gemacht hatten, wollte ich für 2015 etwas ganz anderes haben. Der erste Schritt war der ins Stofflager um Inspiration zu finden. Wir hatten erst kurz vorher für Sylvie ein Kostüm und einige Oberteile gefertigt, so dass ich wusste, sie liebt blau. So fiel mein Blick auf den himmelblauen Georgette mit den aufgenähten Blütenranken am Stoffrand. Sehr lieblich…
Dazu brauchte es also einen Gegenpol, etwas handfestes, gerne legeres, lieber leicht rustikales. Das weiße Leinen mit den hellblauen Streifen war perfekt!
Der nächste Schritt ist die Form und den Schnitt finden. Ganz ehrlich? Ich hatte erst mal gar keine Idee. Ich fand den Kontrast der beiden Stoffe prima und mir gefiel die Farbe für Sylvie, aber wie das Kleid aussehen sollte? Keine Ahnung.
Da hilft nur eines: Die Stoffe auf eine Puppe drapieren und warten, bis einen die Muse küsst.
Kunden, die uns im Atelier besuchen, gucken sich auch gerne um. Da kommt man dann schon mal über „rumhängende Stoffe“ ins Gespräch. Von einem Kunden, der sehr kreativ ist, habe ich dann sogar zu Sylvies Stoffen einen Entwurf bekommen, wie er sich daraus ein Kleid vorstellen könnte.
Ich selbst entschied mich dann für einen Entwurf, der die Mode der 20er Jahre zitiert. Lang und gerade, ohne starke Taillierung. Hier würde der blaue fließende Stoff mit seinen Blütenblättern hervorragend zur Geltung kommen! Das Leinen sollte passend zu seinem Charakter eine ganz praktische Rolle übernehmen: Georgette ist semitransparent – wir benötigten ein Unterkleid.
Die Streifen des Leinens machten die Sache somit noch ein Stück interessanter. Ein unifarbenes Unterkleid hätte das ganze vielleicht eleganter gemacht, wenn ich es in einem nude oder möglichst passenden Blau gemacht hätte. Doch ich fand die Spannung, die entsteht, wenn man hier mit so unterschiedlichen Materialien arbeitet eben gerade richtig gut!
Um dem Ganzen noch etwas Mondänes, Ungewöhnliches zu geben, entschloss ich mich, die Asymmetrie, die sich schon durch die Blütenblätter ergeben musste auch noch mit einem einzelnen weiten Ärmel zu unterstützen. Ich weiß heute nicht mehr, ob ich irgendwo ein Bild gesehen habe, dass mich inspiriert hatte, oder ob der Stoff irgendwann so hing… Egal! Für mich ist es das Detail, was das Kleid „rund“ machte.
Nicht zu verleugnen natürlich: Sylvie ließ sich von Sebastian von der Recke ein Kollier fertigen, dass nicht nur perfekt zum Kleid passte sondern einfach das Tüpfelchen auf dem sprichwörtlichen „i“ ist. Und damit ihr Florian auch zu ihr passt, bekam er Kummerbund und Fliege aus den Stoffresten ihres Abendkleides.
Ich befürchte, die Latte für 2016 liegt ganz schön hoch 🙂