Nachwuchs Design Award Nürnberg
Vor einigen Wochen bat mich Peter Pitrus von Four-Quarters beim „Nachwuchs Design Award Nürnberg“ als Jurorin tätig zu werden. Mein spezielles Augenmerk sollte als Fachfrau auf der Verarbeitung der zum Wettbewerb gemeldeten Modelle liegen.
Zugegebenermaßen bin ich davon ausgegangen vor allem „Möchte-gern-DesignerInnen“ zu begegnen. Erfreulich, dass ich eines besseren belehrt wurde.
Handwerkliche Verarbeitung beurteilen? Das kann ich. Dennoch gestaltete sich die Aufgabe komplex. Der erste Knackpunkt war die Diversität der einzelnen Stücke. Da gab es zum Beispiel die vier Jungs von „Precious Highfashion„. Sie gingen mit drei T-Shirts ins Rennen. Dagegen stand zum Beispiel eine Julide Dede, die drei Abendkleider präsentierte. Erschwert wurde die Entscheidung durch Designer, die keine Mode zeigten sondern Accessoires und Schmuck. „Lecrio“ fertigt Handtaschen und Leder-Accessoires, Susanne Anna präsentierte ihre wundervollen Schmuckstücke aus der eigenen Goldschmiedewerkstatt.
Soll ich nun so tun, als wäre es gleichwertig ein T-Shirt wie ein Abendkleid zu nähen? Wie setze ich das ins Verhältnis zu Lederaccessoires und sogar Goldschmiedearbeiten – von denen ich weitaus weniger Ahnung habe?
Das zweite Problem liegt in der Aufgabenstellung die „handwerkliche Verarbeitung“ zu bewerten. Für ein Modelabel, das den „Stangen-Verbraucher-Markt“ erobern will, ist „handwerkliche“ Verarbeitung so gut wie unerschwinglich. Hier ist eine solide konfektionäre Verarbeitung gefragt. Nun traf ich aber auf beides: tatsächliche handwerkliche Verarbeitung, wie auch saubere Konfektion. Soll ich der Konfektion etwa Abzüge erteilen?
Zum Schluss warf sich noch ein dritter Punkt auf, zu dem ich mit meinem Jury Kollegen Torsten Galts eine spannende Diskussion hatte: Spielt es eine Rolle, WER die Wettbewerbsstücke angefertigt hat?
Hier präsentierte sich mir eine Range von einer Carina Shkuro, die das Seidengarn, aus dem sie die Jacken selbst strickte, nicht nur selbst gefärbt, sondern tatsächlich auch selbst gesponnen hatte bis hin zu einer Florina Farcas, deren Stücke von einem großen Konfektionsbetrieb angefertigt wurden.
Ein Label wie „Lecrio“ hat einen ganzen Leder verarbeitenden Betrieb zur Verfügung, da das Stammhaus schon über 35 Jahre Geschichte existiert. „Chicane“ hingegen arbeitet mit einer externen Schneiderei zusammen. Ist das eine besser als das andere?
Ist ein Designer auch ein Macher?
Zumindest die letzte Frage kann ich beantworten: Nein. Ein Designer ist kein Macher. Der Designer designt – zu deutsch: er ersinnt und entwirft. Ein Designer muss lediglich zeichnen können, bzw. seine Vision an die ausführenden Kräfte kommunizieren können.
Selbst ein Karl Lagerfeld ist des Nähens nicht mächtig.
Ich habe mich entschieden grundsätzlich die Verarbeitung zu bewerten. Egal ob handwerklich oder konfektionär, egal ob selbst genäht oder von jemanden nähen lassen, egal ob herausfordernde Stücke oder einfache Arbeiten. Allerdings habe ich für Anspruch, selbstgearbeitet und handwerkliche Ansätze je einen Bonuspunkt gegeben.
Mein Bewertungsbogen glich einem Schlachtfeld 🙂 Gefüllt mit Notizen und verschiedenen Überlegungen, wie ich zu einem „gerechten“ Ergebnis kommen könnte.
Das Schöne ist: Das größte „Bewertungsproblem“ hatte ich lediglich im eng beieinander liegenden Mittelfeld. Die großartigen „Spitzen“ waren klar zu sehen – das gleiche galt für die Designer mit deutlichen Defiziten.
Das Ergebnis soll im Herbst 2014 bekannt gegeben werden. Ich bin gespannt, ob meine Wertung entscheidenden Einfluss nehmen wird, oder wir acht Juroren uns im Grundsatz über alle Bereiche hinweg einig waren.
(Alle Fotos sind von Arnold Keizer geschossen worden – besten Dank hierfür!)