Guter Tausch
Um ein Modell zu entwickeln gehe ich eigentlich immer gleich vor. Zunächst befrage ich meine Kunden nach ihren Wünschen oder unterbreite ein paar Vorschläge meinerseits. Sollten diese nicht gleich mit einem konkreten Anliegen kommen, reicht mir schon eine allgemeine Antwort, zum Beispiel, dass sie gerne ein Kleid möchten. Nun beginnt mein Hirn zu rattern und ich stelle mir vor in welchem Kleid ich mein Gegenüber sehe. Mit gezielten Fragen versuche ich dann das Modell typgerecht abzustimmen. Anschließend mache ich eine erste Skizze und suche mit der Kundschaft den Stoff aus. In 98% der Fälle ändert sich an dem gezeichneten Entwurf das Grundmodell nicht mehr. Da aber bekanntlich die Ausnahme die Regel bestätigt, kann es eben auch passieren, dass ein Modell nochmal komplett über den Haufen geworfen wird. In diesem Fall war das aber ein echt guter Tausch.
Mit Simone, ebenfalls ein Model bei meiner letzten Modenschau, traf ich mich im August zur Erstbesprechung. Wir suchten fleißig Stoff aus und einigten uns auf ein zweiteiliges Kleid. Das Oberteil sollte aus Romanitjersey werden, etwas weiter und kastig geschnitten. Der angesetzte schmale Rock sollte aus einem Wollstoff mit Struktur genäht werden. Zusammengesetzt, sollte der Rock dann quasi aus dem Oberteil „hinauslaufen“ und Oberteil und Rock sollten trennbar sein, damit man beides auch einzeln hätte anziehen können.Das klingt nach einer ziemlich innovativen und coolen Kreation, dennoch gab es ein großes Problem. Ich war mit dem Entwurf nicht zufrieden. Ich konnte mir meine Kundin überhaupt nicht in dem Kleid vorstellen und mein Bauchgefühl war auch alles andere als gut. Deshalb ging ich nochmals in mich und präsentierte Simone einen neuen Entwurf. Diesmal waren wir beide glücklich.
Letztendlich entschieden wir uns für ein Outfit aus Hose und Weste. Die Weste aus einem, reinen, grauen Wollstoff ist vom Stil her sehr androgyn. Schnitttechnisch folgt sie einer Herrenweste mit einem Abnäher im Vorderteil. Den Hals umgibt ein Neckholder, somit ist die Weste im oberen Rücken auch rückenfrei. Vorne wird die Weste mit fünf Knöpfen geschlossen. Nach Innen ist die Weste mit Viskose abgefüttert.
Das Outfit fiel nicht durch krasse Farben oder extreme Muster auf, ganz im Gegenteil, das Besondere an diesem Outfit war, die Schlichtheit. In Farbe und Schnittführung waren Hose und Weste extrem reduziert und puristisch, sodass sie eins zu eins zum Stil meiner Kundin und zu meiner eigenen Handschrift passten. Fazit: ein rundum gelungenes Outfit.