Flott hat nichts mit Alter zu tun
Im Kreis unserer Lieblingskundinnen gibt es einige, die schon im „fortgeschrittenen Rentenalter“ sind. Meist sieht man ihnen das gar nicht an. Bei vielen Damen war ich sehr überrascht, als sie mir ihren Jahrgang nannten, weil ich sie zehn oder auch fünfzehn Jahre jünger geschätzt habe.
Was diese Damen alle verbindet: Sie haben Freude an flotter Garderobe. Sie tragen kein schwarz, anthrazit oder dunkelblau. Sie trauen sich an Farbe heran und legen Wert auf neckische Details.
Bereits vor einem Jahr – ich bin einfach zu langsam mit dem Artikel schreiben 🙂 – nähten wir für Marik S. ein Kleid aus royalblauem Wollcrèpe, das mit einer sandfarbenen Seide abgesetzt wurde.
Inzwischen sieht man Royalblau überall. Im Mai 2015 war der Trend so neu, dass ich überrascht war, dass eine Dame wie Marik so ein lautes Blau wählt.
Manchmal belehren mich meine Kundinnen eben eines Besseren. Ich war mir am Anfang nicht sicher, ob das Royalblau nicht zu blaublaublau ist. Und ob der Kontrast mit der sandfarbenen Seide zu hoch sei. Doch schon während des Arbeitens wurde klar: Das sieht richtig pfiffig aus.
Das Kleid vereint gekonnt sportliche und elegante Details: Eine Poloblende ist sehr sportlich – sie mit Seide zu belegen aber gar nicht. Der Bubikragen ist ein sehr braves Detail, durch die Doppelung mit einem zweiten Krägelchen, das dann sandfarben unter dem blauen Wollcrépe hervorblitzt, ist es vorbei mit dem brav sein 🙂
Der Ärmel klassisch eingerüscht, dafür mit kleinem Schlitzchen im Saum, wo auch wieder die Seide blitzen darf. Ein Volant als Abschluss eines Kleides wirkt gerne bieder. Wenn es aber die leichte Seide ist, die hier ein bisschen Lingerie-Flair bringt, wäre es flasch von Biederkeit zu sprechen. Und zuletzt das Gürtelchen in der Taille. Auch etwas alt hergebrachtes. Das Gürtelchen aber durch einen Tunnel im Kleid zu ziehen ist nicht nur super praktisch, da das Gürtelchen so immer an der rechten Stelle bleibt, es macht das ganze Kleid auch frisch, sportiv und modisch. Natürlich haben wir hier auch wieder mit der Seide gespielt und den Gürtel aus beiden Stoffen verarbeitet.
Was wir leider viel zu selten zeigen können, sind unsere Kleider an unseren Kundinnen. Auf der Puppe sieht man die technischen Details. Verborgen bleibt Ihnen, wie toll es der Trägerin steht.
Unsere Erfahrung im Atelier zeigt, dass unsere Stücke auf der Puppe und auf Kleiderbügeln immer langweiliger und plumper erscheinen, als wenn sie mit Leben gefüllt sind und von dem Menschen getragen werden, für den es auch gemacht wurde. Denn dann entfaltet sich erst die Wirkung maßgeschneiderter Kleidung: Sie unterstreicht die Persönlichkeit der Trägerin und bildet mit ihr eine lebendige Einheit.