Designerin vs. Maßschneiderin oder
Ich bin Handwerkerin!
Wer mich ein bisschen besser kennt, weiß, dass sich mir die Nackenhaare aufstellen, wenn man mich als Designerin bezeichnet. Warum das so ist?
Nun zum einen ist es für eine Maßschneiderin selbstverständlich auch ein Kleidungsstück entwerfen zu können. Meist kommen meine Kunden mit der Anforderung „Ich brauche etwas zum Anziehen!“ zu mir und meinen eigentlich „ich hätte gerne ein Outfit, das meine Schokoladenseite hervorhebt, zum Anlass passt, selbstredend ein Unikat und auf meine Persönlichkeit zu geschnitten ist und mir das beste Gefühl vermittelt, dass ich durch Kleidung bekommen kann.“ Huch! Ich bin also Stilberaterin, Kniggefachfrau, Designerin und Psychologin.
Und nicht nur das. Während der Designer entwirft = zeichnet, möchte mein Kunde ja hinterher nicht eine Zeichnung sein eigen nennen, sondern das fertige Outfit tragen. Also sollte ich es auch umsetzten können.
Es gibt da von mir einen Petcha Kutcha Vortrag zu diesem Thema: Ein Handwerk – acht Berufe.
Und das ist auch das Stichwort: Ich bin Handwerkerin.
Es ist nämlich ziemlich egal, in welchem Handwerkszweig Sie sich umsehen. Wir sind alle Stilberater, Kniggefachleute, Designer, Psychologen und eben auch die, die das ganze Projekt umsetzen. Der Elektriker hat seine „Knigge“-Vorgaben, wie seine Leitungen verlaufen müssen. Er sucht passend zu Wohnung und den Menschen dort die Schalter und Steckdosen aus. Er entwirft die beste Platzierung und Anzahl für seine Steckdosen und Schalter und das ganze so, dass es zu den Anforderungen der Menschen passt, die dort leben.
Im Vergleich zur Industrie, wo für jeden Bereich ein eigener Beruf besteht, sind wir Handwerker wahre Multitalente.
Und es geht noch weiter: Gute Handwerker können ihr Know-How auch auf alle möglichen anderen Bereiche übertragen. Für mich muss es nicht Stoff sein, der verarbeitet wird. Und es muss kein Kleidungsstück sein, was ich anfertige.
Die letzten drei Tage habe ich damit zu gebracht, die Wände für eine Ausstellung zu fertigen. Die MiniFXpo ist eine Ausstellung, die Nick Maley zusammen mit Prof. Heinz Brünig von der OHM Hochschule schultert. Die OHM hat einen großen Raum von mehr als 100qm zur Verfügung gestellt. Doch so ein Raum hat vier Wände und somit wenig Platz um Exponate zu zeigen – außer man würde sie als „Haufen“ wild in die Mitte stellen…
Folglich mussten hier Wände her.
Nick hatte die Idee, dass wir die Wände aus Styropor bauen. Das ist leicht, lässt sich einfach bearbeiten und ist im Verhältnis kostenkünstig. Außerdem dient es schallisolierend – es können also auf beiden Seiten der Wände Soundeffekte stattfinden, ohne dass man vom jeweils anderen gestört würde.
Nein, ich habe bis vor zwei Wochen noch nie darüber nachgedacht, wie man aus Styoporblöcken Wände baut. Ich hatte keine Ahnung, wie man das Zeug am besten verklebt, wie man Wände am stabilsten bekommt und worauf man achten muss. Allein die Frage, wie man Styropor am einfachsten schneidet, war nicht im ersten Anlauf zu lösen.
Also habe ich mir eine Styroporplatte gekauft und einige Versuche gestartet: Küchenmesser, Laubsäge, Cuttermesser… Styroporkleber, PU Schaum, PU Schaum, PU Schaum – es gibt soooo viele Verschiedene Montageschäume. Unglaublich! Natürlich bekam ich von allen Ecken und Ende Tipps. Nur zurecht finden muss man sich am Ende halt doch selbst. Außerdem musste ein Plan her, wie ich denn die Platten verklebe. Die Wände sollten mindestens drei Meter hoch sein. Von Sören Brandmähl-Kraus bekam ich dankenswerterweise den Renault Master geliehen – in meinem Auto hätte ich gar keine Wände transportieren können. Doch auch der Master ist beschränkt: drei Meter Länge war okay, aber der Laderaum hat nur knapp 180cm Höhe. Also, wie die Wände vorbereiten? Einzelne „Streifen“ kleben? Aber dann stabilisiert sich nichts gegenseitig. Da muss Verzahnung her!
Also wurde das alles erst mal am Schreibtisch geplant.
Am Sonntag war es dann so weit: Ich hatte bereits freitags 56 Pack (= 224 Platten) Styropor gekauft. Ich hatte mich für einen PU Schaum entschieden, einen frischen Satz Klingen für mein Cuttermesser besorgt… Los ging es: Ab 10 Uhr morgens hatte ich dann noch Verstärkung von Andreas, denn wir wollten nicht nur die Wände zusammen kleben, sondern auch schon schwarz streichen.
Bis Nachts um 1 Uhr haben wir gewerkelt. Wir wussten: Wenn die Wände am Dienstagabend komplett stehen sollen, müssen wir vor Montagfrüh, die Bauteile vorbereitet haben.
Wir haben es natürlich geschafft: Gestern um 16 Uhr standen die kompletten Wände ineinander montiert vor uns. Dank der klasse Unterstützung von Jennifer und Andreas war das echt ein Kinderspiel. Danke Euch nochmals!
Heute nutzen wir die gewonnene Zeit für den Feinschliff: Fugen spachteln, damit man dort nicht das weiße Styropor raus blitzen sieht. Wandenden, die wenig unterstützt sind noch verstärken…
Wir wollen ja, dass am Samstag, wenn die MiniFXpo ihre Pforten öffnet, unseren Gästen ein perfektes Erlebnis geboten wird.
Die Quintessenz aus knapp 750 Worten:
1.) Ich bin Handwerkerin – ich kann mehr als nur zeichnen.
2.) Kommt zur MiniFXpo – es ist ein Herzensprojekt.