Anzug für einen „kreativen Kopf“
Nando Dietz, der Inhaber von „nandodesign„, hat mir vor einigen Monaten seinen Mitarbeiter Lucas „zugeteilt“. Wann immer ich Fragen rund um unsere Werbung habe, kann ich mich vertrauensvoll an ihn wenden. Wo ich fünf Stunden benötige um in der Flyervorlage ein Bild zu tauschen, macht Lucas das in – fünf Sekunden?
Am allermeisten imponiert mir Lucas jedoch mit seiner „Wortfindigkeit“. Den unmöglichsten Inhalt verpackt er so charmant und wohlklingend, dass man schier Appetit auf weitere Zeilen bekommt.
Okay, ja, ich bin begeistert.
Daher freute es mich auch ungemein, als Lucas auf mich zu kam, ob ich ihm wohl einen Anzug nähen könnte. Er träumt von einem Dreiteiler, der einfach sitzt. Und nicht so ein windiges Ding von der Stange. Es sollte schick sein, nicht zuuu edel, aber auch „besonders“. Dabei allerdings nicht so „laut“, dass man das gute Stück in jeder Umgebung nur ein einziges Mal tragen könne. Aber eben doch… Naja, anders als der Mainstream und… Schon klar!
Das ist eine Beschreibung, die ich oft genug höre.
Und es ist immer wieder ein Balanceakt hier den richtigen Ton zu treffen. Es gelingt mir auch nicht immer, muss ich gestehen. Was aber nur bedeutet, dass wir im Nachgang mit sichtbaren Zierstichen, bunten Knopflöchern oder anderen witzigen Details aufpeppen. Was mir zum Glück noch nicht passiert ist, dass ich einem Kunden etwas verkauft hätte, was „über das Ziel hinaus geschossen ist“.
Es war ein sehr witziger, anregender Termin mit Lucas. Wir haben ordentlich Stoffbündel gewältzt und plötzlich lag er vor uns, der Stoff, der es sein sollte. Für mich ist das immer ein ganz spannendes „Finden“. Man schaut gemeinsam im Schnitt 100 bis 150 Stoffmuster durch. Bei denen, die es ganz genau wissen wollen, werden es auch mal 300 Muster. Wobei man einen Großteil schnell überblättern kann, weil es weit weg vom Ziel ist. Dann finden sich langsam Muster, die einen ansprechen. Die klappen wir dann seitlich aus den Bündeln raus, damit wir sie gleich wiederfinden.
Irgendwann hat man vier bis sechs solcher Muster ausgewählt. Und dann merkt man, dass man immer wieder zu dem einen retour geht. Oft ist das noch gar nicht der Moment, in dem der Kopf weiß: „Das ist es.“ Meist dauert es zehn, fünfzehn Minuten, bis das Bewusstsein annimmt, was das Unterbewusstsein schon längst entschieden hat. Ich habe den Vorteil, dass ich nicht entscheiden muss, das heißt, ich nutze diese Zeit zum „Menschenstudium“. Ich beobachte die Auswahl und versuche schneller zu erkennen, was unterbewusst schon entschieden ist, als es dem Kunden selbst bewusst wird. 🙂
Lucas hat sich für einen dunkelblauen Super 120er mit hellblauen Punkten entschieden. Es sind gaaanz kleine regelmäßige Einbindungen des hellblauen Garns. Von Weitem – so ab drei Meter – sieht man davon gar nichts mehr. Aber kommt man näher, erhält der Anzug eine angenehme „Unruhe“. Es ist eben kein aalglatter dunkelblauer Anzug. Das würde zu Lucas auch nicht so richtig passen.
Uns war ein schmaler Schnitt wichtig. Ich finde, dass die angeschrägten Taschen immer gut zu einem sportlichen Eindruck beitragen. Diese durchbrechen die Vertikalen und Horizontalen, die einen Anzug dominieren. Das Revers gestalteten wir tendenziell schmal. Und das war es auch an Auffälligem an der „Außenhaut“. Für das Innenleben wählte Lucas noch ein wunderschönes Paisley-Futter aus, damit das Sakko ihn auch anlacht, wenn er es auszieht. Und natürlich haben wir seinen Namen ins Futter sticken lassen.
Das Detail-Foto entstanden übrigens bei der Anprobe. Im Hosensaum stecken noch Nadeln 🙂
Vielleicht gibt´s von Lucas ja mal richtig coole Bilder im Dreiteiler. Ich weiß, dass sein Chef Nando ein Künstler hinter der Kamera ist…