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Ein komplett Outfit für Carola Pracht-Schäfer

Carola kenne ich bereits einige Jahre. Wir haben für sie schon verschiedenes an Garderobe verändert. Allerdings hatten wir bis dato noch keine Neuanfertigung für sie gemacht.
Nun hat sich Carola mit NEWtraining selbständig gemacht und wünschte sich hierfür ein Outfit, was zum einen an ihre Firmenfarben blau/gold angelehnt ist und zum anderen, ihr vor allem ein Gefühl von Sicherheit geben sollte.
Carola ist in ihrem Job „ein alter Hase“, dennoch ändert sich die Situation, wenn man aus der Anstellung heraus in die Selbständigkeit wechselt. Man führt plötzlich mit jedem neuen Kunden „Gehaltsverhandlungen“ 20

Und das ist für manchen gerade am Anfang eine Herausforderung.

Kleidung hat verschiedene Aufgaben. Die ursprünglichste ist wohl der Schutz vor Nacktheit und Kälte. Doch darüber sind wir nun zum Glück hinaus. Was allerdings noch aus lang vergangener Zeit Bestand hat, ist die Aufgabe der Kommunikation. Der erfolgreiche Jäger tat das Kund, indem er die Krallen der erlegten Tiere als Kette trug oder auf die Kleidung nähte. Später zeigte der Edelmann, dass er höher gestellt ist und mehr Geld hat, indem er seine Kleidung mit teuren aufwendigen Materialien ausputzen ließ. Und auch heute noch tragen wir zu gewissen Anlässen aufwendigere Kleidung als im Alltag – so ist die Jeans in der Oper heute zwar zu sehen, in meinen Augen aber fehl am Platz.

Und selbst im Alltag „spricht“ Kleidung: Denkt mal an die „coolen“ möglichst tief hängenden Hosen der Rapper, den zackigen Anzug des Managers, oder die Soutane des Pfarrers. Nicht jeder von uns nutzt diesen Kommunikationsweg. Und auch das ist dann zuweilen sichtbar 🙂

Im Fall von Carola war nun also eine Aussage gewünscht, die sowohl Kompetenz, Natürlichkeit und etwas wie „menschliche Verbundenheit“ transportieren sollte. Manchmal fehlen der deutschen Sprache einfach die richtigen Worte… Und Carola war wichtig, dass sie sich in diesem Outfit „sicher“ fühlen würde. Sicher fühlen sich Menschen, wenn sie sich wohl fühlen.
Also hieß die Aufgabe in Summe: blau/gold – wohl fühlen – der richtige Auftritt.

Gold ist wirklich keine Farbe, die man im Alltag auf Fläche gut tragen kann 🙂
Zudem ist die Regel: Das Auge wird dorthin gezogen, wo es heller ist. Trägt man also eine Kombi aus blau/gold, muss das gold am Oberkörper sein. Wäre es ein blaues Sakko und eine helle Hose, würde sich das Gegenüber mehr auf die Beine konzentrieren, als auf den Kopf, der dem Oberkörper doch deutlich näher ist.
Wir entschieden uns also um eine „freie Interpretation“ der Farbe Gold und fanden einen wunderschönen beigen leichten Wollstoff aus dem Hause Loro Piana, der das Sakko stellen sollte. Die Hose sollte blau sein und dann stolperten wir noch über zwei weitere Stoffe, die die richtige Brücke zwischen diesen beiden Farben schlagen konnten: Ein Jersey und ein Chiffon, die beide einen Blumendruck in lila, blau, grün haben. Der Jersey hat noch schwarze Streifen eingewebt. Ansonsten sind beide Stoffe aber tatsächlich gleich. Eine ziemliche Seltenheit und purer Zufall. Daraus fertigten wir also Oberteil und Schal.

Mir war der Kontrast zwischen blauer Hose und beiger Jacke noch immer zu arg. Das hätte zwei ziemliche „Blöcke“ gegeben. Mein Vorschlag war also, die Jacke ganz bewusst mit blauem dicken Garn an Kanten und Abnähern durch zu tupfen. Damit die „Tupfen“ auch gut sichtbar sind, habe ich bei jedem Stich einen kleinen Knoten gemacht.
Außerdem haben wir den Schnitt so verändert, dass der Brustabnäher in den Saum läuft und auf drei schmale Abnäher gesplittet ist. Ebenso der Taillenabnäher im Rücken wurde bis zum Saum runter gezogen und auf drei parallel laufende Abnäher verteilt.
Das hört sich jetzt erst mal ganz einfach an. Ich hab ordentlich rum gefummelt, bis diese Abnäher so neben einander lagen, dass das ganze ein gutes Bild gab. Meine Herren!

Egal, das Ergebnis ist wichtig! Mit dem Ergebnis waren alle zufrieden: Sowohl Carola Pracht-Schäfer, als auch mein Team und ich.

Das schönste an einem solchen Auftrag ist das Feedback, was wir nach einigen Wochen bekamen: Carola fühlt sich super wohl in ihrer Kombination aus Hose, Jacke, Top und Schal. Die ersten Verhandlungen hat sie damit auch schon bestritten und offensichtlich konnte sie genau das vermitteln, was ihr wichtig war. Somit wurde unser Outfit zu einem „Erfolgs-Outfit“ geadelt.

Hach! Wir haben einfach den schönsten Beruf der Welt – und das große Glück stets mit Lieblings-Kunden*Innen arbeiten zu dürfen.

Tags: Anfertigung, Auftrag, Auftragsarbeit, Hosenanzug, Kunden, Maßanfertigung, Maßarbeit, Top